A Matter of Shifting Perspectives
Dennis Siering's Artistic Exploration of Time, Space and Humans’ Environment

in Psychic Defence 2020
Es ist das wiederkehrende Spiel mit systemischen und wissenschaftlichen Anordnungen sowie ein vielschichtiges Interesse für die Beziehung des Menschen zu seiner Umwelt, das die Arbeiten von Dennis Siering kennzeichnet. Weniger folgt sein Ansatz hierbei jedoch einer klar definierten Lesbarkeit von Inhalten, sondern vielmehr bilden seine Werke offene Ausgangspunkte für ästhetische und diskursive Prozesse, die sich erst im weiteren Rezeptionsvorgang vollziehen. Im selben Moment basiert Sierings Schaffen auf zahlreichen inhärenten Bezügen, durch welche die Arbeiten als korrespondierende Teile eines größeren Werkzusammenhangs kenntlich werden. Dies lässt sich nicht zuletzt im Rahmen seiner jüngsten Ausstellung verfolgen, die in ihrer Anlage zentrale Aspekte von Sierings künstlerischer Praxis widerspiegelt.

The Whole Earth View
Die beiden Arbeiten AS17 (2018) und The Middle of Nowhere (2016) bilden den Fokus des ersten Ausstellungsraums. Für die Werke selektierte der Künstler Aufnahmen aus öffentlichen Bildarchiven – wie etwa der NASA Image and Video Library –, um diese anschließend grafisch zu bearbeiten und auf industriellen Aluminiumplatten zu fixieren. Erinnern die Motive zunächst an Details von chemischen oder organischen Prozessen, so werden die Arbeiten auf einer weiteren Ebene gleichermaßen als Verweis auf ein systemisches Prinzip lesbar. Denn mit seiner Kombination aus einem in seiner Rotation festgehaltenen Wolkenwirbel sowie der im Hintergrund schemenhaft zu erkennenden Landmasse ruft vor allem das Werk The Middle of Nowhere unmittelbare Assoziationen zu den Satellitenaufnahmen klimatischer Phänomene hervor. Ähnlich wie die als umweltpolitisches Symbol bekannt gewordene Aufnahme Blue Marble1, die bereits 1972 den Erdball aus der externen Position des Alls dokumentierte, eröffnet also auch Sierings Bild einen makroperspektivischen Blick auf einen systemischen Zusammenhang, dessen Visualisierung erst unter dem Einbezug technischer Hilfsmittel möglich wurde. Nicht nur nähert sich die Arbeit somit der Frage nach den Erkenntnispotenzialen technologischer Entwicklungen an, sondern im selben Moment nimmt sie durch die Wahl der Makroperspektive eine maßgebliche Relativierung der anthropozentrischen Position vor.2 Dass sich der Mensch selbst hierbei jedoch zugleich als systemrelevantes Element erweist, lässt sich nicht zuletzt an den Spiegelungen auf der Bildoberfläche verfolgen, durch welche die umgebende Raumsituation immer wieder zu einem Werkbestandteil avanciert. Trotz ihrer inhaltlichen Offenheit werfen die Arbeiten AS17 und The Middle of Nowhere insofern eine Reihe von Themenkreisen auf, die sich von der Beschaffenheit digitaler Bilder über die Beziehung des Individuums zu planetaren Systemen bis hin zur wissenschaftlichen Prognose klimatischer Entwicklungen erstrecken.

The (Post)Humanist View
Auch wenn sich die Momente der systemischen und ökologischen Bezüge in den Arbeiten Resources (‌2020) und In Psychic Defence (‌2020) fortsetzen, orientiert sich Sierings zweiter Ausstellungsraum vorwiegend an den anthropomorphen Maßstäben der menschlichen Lebenswelt. So besteht das Werk In Psychic Defence aus schmalen Aluminiumrohren, die der Künstler in einer senkrecht verlaufenden Reihung frontal an der Wand angebracht hat. Während die strenge Formalstruktur der Arbeit einerseits das Wesen technischer Zeichnungen in Erinnerung ruft, weist ihr funktionaler Charakter – etwa im Sinne eines statischen oder sakralen Elements – im selben Moment deutlich architektonische Bezüge auf. Eine entscheidende Brechung erfährt die Struktur des Objekts hierbei jedoch durch die Deformation einzelner Aluminiumrohre, welche die Rahmung dekonstruieren und das Element somit in den Ausstellungsraum öffnen. Demgegenüber handelt es sich bei dem Werk Resources um mehrere am Boden platzierte Objekte aus Mauer- und Quarzsand, für die Siering den Negativraum gefundener Plastikkanister als Abdruckform genutzt hat. Nicht nur greift der Künstler damit auf ein spezifisches Material zurück, das – von der Gebäudekonstruktion bis hin zur Computerproduktion – eine zentrale Grundlage der menschlichen Lebenswelt bildet, sondern zugleich referiert die Ausformulierung der Objekte durch eine Negativform auf die stetige Verknappung des Sandes als natürlicher Ressource.3 Im Anschluss daran verdeutlicht Resources nicht zuletzt beispielhaft Sierings posthumane Perspektivierung des Menschen und seiner systeminhärenten Position. Denn dieser wird in seinen Arbeiten vor allem als abwesende Größe kenntlich, dessen Spuren sich jedoch bereits auf omnipräsente Weise in nahezu alle planetaren Zyklen eingeschrieben haben.4

The Micro Perspective View (Contemplation on Spatial Virtualisation)
Die beiden Arbeiten No Maps for These Territories (2018–2020) und Vertical Memory (2017–2020) bilden schließlich das Arrangement des letzten Ausstellungsraumes. Anhand mehrerer quadratischer Elemente, die auf Abgüssen von realen Riff- und Asphaltstrukturen aus verschiedenen Geozonen basieren, entwirft No Maps for These Territories ein abstraktes kartografisches System, das sich scheinbar schwebend über dem Boden erstreckt. Komplementiert werden die Elemente durch die bereits in der Arbeit In Psychic Defence auftretenden Aluminiumrohre, welche nun jedoch als Verbindungen eines Leitsystems zwischen den quadratischen Objekten fungieren. Bei genauerer Betrachtung weisen die Oberflächen der Abgüsse zudem individuelle Merkmale – wie etwa Sandspuren oder Lasuren – auf, wodurch sie den unmittelbaren Charakter mikroskopischer Landschaften gewinnen. Insofern lässt sich No Maps for These Territories als experimentelle Anordnung lesen, die auf vielschichtigen Ebenen Verknüpfungen des Organischen und Anorganischen erprobt. Im selben Augenblick zeichnet sich in Sierings modularer Verwendung der Elemente eine fortführende Befragung aktueller Raumbegriffe ab. Denn mit den Momenten der Wiederholung und Doppelung greift er gerade auf jene strukturellen Prinzipien zurück, wie sie sich insbesondere für die binäre Konstruktion5 von virtuellen Räumen als grundlegend erweisen.6 Eine Erweiterung erfahren die angeklungenen Inhalte ferner im Rahmen der seriellen Arbeit Vertical Memory. Diese setzt sich aus mehreren länglichen Aluminium-Zylindern zusammen, deren Kerne mit verschiedenen Materialien angefüllt sind. In ihrem Aufbau besitzen die Objekte dabei eine offensichtliche Nähe zu Rammkernsonden, die gewöhnlich zur Entnahme wissenschaftlicher Bodenproben und damit zur mikrogeologischen Bestimmung klimatischer Phänomene genutzt werden. Neben den natürlichen Bodenelementen Sand, Quarz und Kupfer enthalten Sierings Kerne jedoch ebenso zahlreiche künstliche Materialien – wie etwa PVC und Stahlbeton –, die eine fortschreitende Durchdringung der geologischen Schichten mit synthetischen Stoffen vermuten lassen.7 Anknüpfend daran initiiert das Werk Vertical Memory ein mögliches Zukunftsszenario, in dem die Reste der menschlichen Zivilisation nunmehr einen dominanten Bestandteil des planetarischen Gedächtnisses markieren. Nicht nur dienen die Kerne somit als Indikatoren für die zunehmend transformative Überlagerung der geologischen und ökologischen Systeme, sondern zugleich erinnern sie in ihrer Verknüpfung von zeitlichen Dimensionen daran, dass die Zukunft stets in kausaler Weise ein Produkt unserer Gegenwart und der darin vollzogenen Handlungspräferenzen ist.

A Matter of Shifting Perspectives
Betrachtet man die verschiedenen Ebenen von Sierings künstlerischem Schaffen, so zeichnet sich dieses durch eine vielfältige Adaption von wissenschaftlichen und technologischen Konzepten aus. Anhand dieser initiieren seine Arbeiten eine Anzahl unterschiedlicher Perspektivierungen, in denen systemische Zusammenhänge unter Einbezug variierender Maßstäblichkeiten untersucht werden. Im selben Moment übernehmen seine Werke oftmals die Rolle materialisierter Denkmodelle, die sich den Fragen von zeitlichen und räumlichen Entwürfen sowie den Umweltprozessen unter den Vorzeichen des Anthropozäns annähern. Trotz der wiederkehrenden Nähe zu posthumanen und ökologischen Themenkreisen ist Sierings Arbeiten hierbei jedoch ein weitestgehender Verzicht auf dystopische oder utopische Einschreibungen zu eigen. Vielmehr bieten sie dem betrachtenden Individuum ein loses Netz ästhetischer und inhaltlicher Koordinaten, mittels welcher diesem eine offene Erprobung und Neubestimmung seiner eigenen Position möglich wird.

Stefan VicedomFußnoten

1) Die Aufnahme Blue Marble wurde am 07. Dezember 1972 von Harrison Schmitt als Besatzungsmitglied der Apollo 17 geschossen. Sie zeigt die erleuchtete Erdkugel aus einer Distanz von ca. 45.000 Kilometern. Das Bild gilt als eine der ersten Aufnahmen, die den Erdball aus der externen Position des Alls als planetarisches System zeigt. Bekanntheit erlangte die Fotografie im weiteren Verlauf insbesondere durch ihre prägende Rolle als Symbol der frühen Umweltschutzbewegung. Siehe auch: Earth Observatory, History of the Blue Marble, 13.10.2005, einsehbar unter: https://earthobservatory.nasa.gov/features/BlueMarble/BlueMarble_history.php (zuletzt abgerufen: 16.02.2020).

2) Die frühen Fotografien des Blauen Planeten ab Ende der 1960er-Jahre stellen rückblickend einen entscheidenden Referenzpunkt für die Entwicklung des spätmodernen Selbstverständnisses und der damit verbundenen Verschiebung der anthropozentrischen Perspektive dar. So zeigt sich der planetarische Anblick der Erde aus dem Weltall nicht nur als entscheidend für die Herausbildung eines globalen Bewusstseins, sondern im selben Moment bildet er eine wichtige Grundlage für die Konzeption der Erde als ganzheitliches System, wie sie sich zeitgleich etwa in kybernetischen und ökologischen Theorieansätzen vollzieht. Siehe auch: Diederichsen, Diedrich/Franke, Anselm, 'The Whole Earth', The Whole Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen, ed. Diedrich Diederichsen (Berlin, 2013), 8–11.

3) Nach den Elementen Wasser und Luft stellt Sand gegenwärtig die am meisten genutzte Ressource der Erde dar. Ein wesentlicher Anteil wird hierbei für den Bau neuer Gebäude in den urbanen Zentren benötigt. Als Folge der zunehmenden Verknappung ist in den letzten Jahren zugleich ein sprunghafter Anstieg des illegalen Sandhandels auf globaler Ebene zu beobachten. Siehe auch: Beiser, Vince, ‚The World's Disappearing Sand’ The New York Times, 23.06.2016, einsehbar unter: https://www.nytimes.com/2016/06/23/opinion/the-worlds-disappearing-sand.html (zuletzt abgerufen: 18.02.2020).

4) „Nicht das Subjekt wird in den […] Werken Sierings zum Thema, der Mensch tritt vielmehr als abstraktes Kräfteverhältnis gegenüber der Natur in Erscheinung, das diese durchdringt und gestaltet. Das humanistische Modell des Subjekts, als Zentrum der Welt und als autonom handelndes Individuum, erscheint in seinem künstlerischen Denken als obsoletes Bild der Moderne. Vielmehr kann seine Kunst als Postulat eines relationalen Selbst gelesen werden, wobei unser Menschsein von Wechselwirkungen zwischen Materie und Denken bestimmt wird.“ Ruhöfer, Felix, 'Dennis Siering. „A Million Years of Permanent Sleep“ / „Vertical Memory“ – Kunst als kritische Praxis der Reflexion von Mensch und Natur im Anthropozän', A Million Years of Permanent Sleep, ed. 1822-Forum der Frankfurter Sparkasse (Frankfurt a. M., 2017), 104.

5) Computergenerierten Räumen liegt üblicherweise eine mathematisch-algorithmische Information in Form des Binärcodes aus 0 und 1 zugrunde. Für die jeweilige mathematisch-algorithmische Information erweist sich somit die spezifische Wiederholung der Zahlen 0 und 1 als entscheidend. Bereits geringe Abänderungen in der Reihung haben hierbei eine grundlegende Abweichung des Ergebnisses zur Folge. Siehe auch: Grau, Oliver, 'Virtual Art: From Illusion to Immersion' (Cambridge/London, 2002), 255f.

6) Mit der gegenwärtigen Überlagerung von neuen und alten Raumbegriffen geht zugleich eine entsprechende Transformation des Subjekts und seiner Bezugnahme zur Welt einher. So merkte bereits Frederic Jameson im Kontext postmoderner und virtueller Raumkonzepte an: „Meine Hauptthese ist, daß es mit dieser neuesten Verwandlung von Räumlichkeit, daß es mit diesem Hyperraum gelungen ist, die Fähigkeit des individuellen menschlichen Körpers zu überschreiten, sich selbst zu lokalisieren, seine unmittelbare Umgebung durch die Wahrnehmung zu strukturieren und kognitiv seine Position in einer vermeßbaren äußeren Welt durch Wahrnehmung und Erkenntnis zu bestimmen. Und so meine ich, daß die beunruhigende Distanz zwischen dem Körper und seiner hergestellten Umwelt selbst als Symbol und Analogon für ein noch größeres Dilemma stehen kann: die Unfähigkeit des Bewusstseins […], das große, globale, multinationale und dezentrierte Kommunikationsgeflecht zu begreifen, in dem wir als individuelle Subjekte gefangen sind.“ Jameson, Frederic, 'Postmoderne – Zur Logik der Kultur im Spätkapitalismus', Postmoderne Zeichen eines kulturellen Wandels, ed. Andreas Huyssen/Klaus R. Scherpe (Hamburg, 1993), 89.

7) Eben jene fortschreitende Einschreibung des Menschen in die geologischen Schichten der Erde veranlasste die Forscher Paul J. Crutzen und Eugene F. Stoermer im Jahr 2000 dazu, die neue geochronologische Epoche des Anthropozäns vorzuschlagen, welche damit das Holozän ablösen würde. Der Begriff bildet seither einen zentralen Referenzpunkt für die wissenschaftliche und kulturelle Auseinandersetzung mit den vielschichtigen Ursachen und Folgen des ökologischen Wandels unter dem Einfluss des Menschen. Siehe auch: Crutzen, Paul J./McNeill, John R./Steffen, Will, 'The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?', AMBIO – A Journal of the Human Environment, Vol. 36, No. 8 (Stockholm, December 2007), 614–621.
A Million Years of Permanent Sleep / Vertical Memory
Kunst als kritische Praxis der Reflexion von Mensch und Natur im Anthropozän

Wohneinheit 2016
No Maps for These Territories


No Maps For These Territories 2020
In Anbetracht ihrer Beschaffenheit als eine Anordnung komplexer Systeme und deren Tendenz zu spontanen Interaktionen zeigt sich die Erschließung der gegenwärtigen Welt in grundlegender Weise an den kontinuierlichen Gebrauch von physischen und simulatorischen Modellen gebunden. Indem sie die Prinzipien der Realität in einen für den Menschen erschließ und analysierbaren Maßstab übersetzen, eignen sich Modelle hierbei gleichermaßen als künstlerisches wie auch wissenschaftliches Erkenntnisinstrument. Die experimentelle Aktivierung eben dieser Potenziale lässt zugleich auch als ein wesentlicher Ausgangspunkt der Arbeit No Maps for These Territories (2018) des Künstlers Dennis Siering markieren. So findet sich in seinem Werk eine Reihe quadratisch gehaltener und modular angelegter Elemente, die in ihrer Formgebung auf den Abgüßen eines echten Riffgesteins basieren. Doch nicht nur wird ihr scheinbar serieller Charakter bei näherer Betrachtung stetig durch minimale Farb und Materialak zentuierungen gebrochen, sondern im selben Moment nehmen die Module aus dieser Perspektive das rätselhafte Wesen ausschnitthafter Miniaturlandschaften an. Eine kontrastierende Verstärkung erfährt dieser Eindruck des Natürlich Organischen nicht zuletzt durch die technoide Ästhetik der schmalen Aluminimrohre, welche die einzelnen Module in der Logik einer unbekannten Meta Struktur vernetzen. Mag dieses relationale Gefüge einerseits unmittelbar Assoziationen zu den Schaltkreisen von Computern und deren durch Leitdrähte und Chips gesteuerten Interaktionen wecken, so deutet sich darin jedoch im selben Moment die bisher noch ausstehende Realisation eines tatsächlich symbiotischen Systems zwischen Organischem und Anorganischem an. Im Gegensatz zu Modellentwürfen, die sich auf eine reine Interpretation unserer Gegenwart beschränken, rückt Sierings Werk somit also vielmehr modellhaft eine zukünftige Gegenwart in den Mittelpunkt. In Gestalt eines spekulativen Prozesses wird seine Arbeit dabei letztlich als Prototyp ein es neuen Systems der Wirklichkeit lesbar, das zahlreiche zentrale Fragestellungen zur Diskussion stellt. Wie können die beiden Bereiche von Natur und Technik langfristig in den Zustand eines symbiotischen Austausches überführt werden? Inwiefern ließen sich vor diesem Hintergrund produktive Transferpunkte zwischen Materialität und Virtualität denken? Und ist eine zukünftige Realität vorstellbar, in der sich die Konzepte von absolutem und relationalem Raum schließlich zu einer gänzlich neuen Form der Räumlichkeit verschränken?

Stefan Vicedom

A Matter of Shifting Perspectives
Dennis Siering's Artistic Exploration of Time, Space and Humans’ Environment

in Psychic Defence 2020
It is the recurring play with systemic and scientific arrangements as well as a complex interest in the relationship between humanity and the environment, which characterise the work of Dennis Siering. Yet his approach is less focused on a clearly defined readability of content, but rather his works form open starting points for aesthetic and discursive processes that only come into effect in further courses of reception. Simultaneously, Siering's practice is based on numerous inherent references, through which his sculptures and installations become recognisable as corresponding elements of a larger body of work. This can be observed not least within the framework of his most recent exhibition, wherein its approach reflects essential qualities of Siering's artistic practice.

The Whole Earth View
Both the works AS17 (2018) and The Middle of Nowhere (2016) form the focus of the first exhibition space. For the pieces, the artist selected images from public picture archives—such as the NASA Image and Video Library—in order to process them graphically and then attach them to industrial aluminium plates. While the motifs are initially reminiscent of details in chemical or organic processes, on another level, the works can equally be read as a reference to a systemic principle. With its combination of whirling clouds and a land mass that can be recognised schematically in the background, the work The Middle of Nowhere particularly evokes direct associations with satellite images of climatic phenomena. Similar to the photograph The Blue Marble1, which documented the globe from the external position of outer space as early as 1972 and became known as a symbol of environmental activism, Siering's image also opens up a macro-perspective view of a systemic context by using a visualisation which only became possible with the inclusion of technical aids. The work thus not only considers the question of the cognitive potential of technological developments, it also takes a significant relativist approach to the anthropocentric position by choosing a macro-perspective view.2 The fact that humanity itself proves to be a system-relevant element concurrently, can be followed not least by the reflections on the surface of the image, through which the surrounding spatial situation repeatedly becomes a component of the work. Despite their openness in terms of content, the works AS17 and The Middle of Nowhere thus deal with numerous fields of topics, extending from the nature of digital images to the relationship of the individual to planetary systems, and the scientific prognosis of climatic developments.

The (Post)Humanist View
Even though the instances of systemic and ecological references continue in the works Resources (‌2020) and In Psychic Defence (‌2020), Siering's second exhibition space is primarily oriented towards the anthropomorphic scales of the human environment. In Psychic Defence, for example, consists of narrow aluminium tubes that the artist has fixed to the wall in a vertical row. While the strict formal arrangement of the work on the one hand calls to mind the attributes of technical drawings, its functional character—in terms of a static or sacred element—plainly displays architectural references as well. However, the structure of the object is decisively refracted by the deformation of single aluminium tubes, which deconstruct the frame and thus open the element out into the exhibition space. In contrast, the work Resources consists of several objects made of masonry and quartz sand placed on the floor, for which Siering used the negative space of found plastic canisters to form casts. Not only does the artist therefore refer to a specific material that—from building construction to the production of computers—forms the foundation of the human living environment, but the formulation of the objects through a negative form refers to the constant scarcity of sand as a natural resource as well.3 Subsequently, Resources illustrates, not least by way of example, Siering's posthuman perspective on humanity and its system-inherent position: in his works, humanity is primarily recognisable as an absent entity, whose traces, however, are now inscribed in all planetary cycles in an almost omnipresent fashion.4

The Micro Perspective View (Contemplation on Spatial Virtualisation)
Finally, the two works No Maps for These Territories (2018-2020) and Vertical Memory (2017–2020) make up the arrangement of the final exhibition space. Using several square elements based on casts of actual reef and asphalt structures from various geozones, No Maps for These Territories gives rise to an abstract cartographic system that appears to hover above the ground. The elements are complemented by the aluminium tubes that can already be seen in the work In Psychic Defence, but which now function as references to a guidance system between the square objects. On closer inspection, the surfaces of the casts also show individual features—such as traces of sand or glazing—which give them the immediate character of microscopic landscapes. In this regard, No Maps for These Territories can be considered an experimental arrangement that assesses the links between the organic and inorganic on multi-layered levels. Concurrently, Siering's modular use of the elements reveals a continuing examination of current concepts of space. This is because with the moments of repetition and duplication he alludes to precisely those structural principles that prove to be fundamental for the binary construction5 of virtual spaces.6 The content of the aforementioned work is further extended in the serial installation Vertical Memory. This consists of several long aluminium cylinders whose cores are filled with various materials. As regards their structure, the objects have a noticeable similarity to ram core probes, which are usually employed for taking scientific soil samples and consequently for obtaining microgeological determinations of climatic phenomena. In addition to the natural elements of soil, sand, quartz and copper, Siering's cores also contain several artificial materials—such as PVC and reinforced concrete—which alludes to the presumption that an advancing permeation of geological layers by synthetic materials is taking place.7 Further to this topic, the work Vertical Memory initiates a possible future scenario in which the remains of human civilization now form a dominant component of planetary memory. It is for this reason that the cores not only serve as indicators of the increasingly transformative superimposition of geological and ecological systems, but through their linking of temporal dimensions, they also remind one that the future is always a causal product of our present time and the preferential approaches to action that are implemented in it.

A Matter of Shifting Perspectives
Considering the different levels contained within Siering's artistic work, a diverse adaptation of scientific and technological concepts becomes apparent. On that basis, his works initiate a number of distinctive perspectives in which systemic connections that vary in scale are examined. At the same time, his works often take on the role of materialised models of thought, which approach questions related to temporal and spatial concepts as well as environmental processes within the context of the Anthropocene. Yet despite the recurring proximity to posthuman and ecological themes, Siering's works mostly avoid dystopian or utopian readings. Instead they offer the viewer a loose network of aesthetic and content-related coordinates, which can be used to openly test and redefine one’s personal position.

Stefan Vicedom footnotes

1) The Blue Marble is a photograph taken on 7 December 1972 by Harrison Schmitt as crew member of Apollo 17. It shows the illuminated Earth globe from a distance of about 45,000 kilometres. It is considered to be one of the first images showing the globe from the external position of space as a planetary system. In the years since then, the image has become known in particular for its formative role in symbolising the early environmental protection movement. Earth Observatory, History of the Blue Marble, 13 October 2005, https://earthobservatory.nasa.gov/features/BlueMarble/BlueMarble_history.php, accessed 16 February 2020.

2) In retrospect, the early photographs of The Blue Planet from the end of the 1960s onwards represent a decisive point of reference in the development of the late modern self-conception and the associated shift in anthropocentric perspective. Thus, the planetary view of the Earth as seen from outer space not only proves to be decisive for the evolvement of a global consciousness, it also forms an important basis for the understanding of the Earth as a holistic system, such as it is occurring simultaneously in cybernetic and ecological theoretical approaches. See also: Diederichsen, Diedrich/Franke, Anselm, ‘The Whole Earth’, The Whole Earth. Kalifornien und das Verschwinden des Außen, ed. Diedrich Diederichsen (Berlin, 2013), 8–11.

3) Next to the elements of water and air, sand is currently the most widely used resource on earth. A significant proportion is required for building construction in urban centres. As a consequence of its increasing scarcity, a sharp rise in illegal sand trade on a global scale has been noted in recent years. Beiser, Vince, ‘The World's Disappearing Sand’, The New York Times, 23 June 2016, https://www.nytimes.com/2016/06/23/opinion/the-worlds-disappearing-sand.html, accessed 18 February 2020.

4) ‘It is not the human individual that is the topic in Siering's current, loosely interlinked works, as the human being takes the stage more as an abstract vector as opposed to nature, one that penetrates and shapes the latter. The humanist model of the subject, as the center of the world and as an individual that can act of its own volition, appears in his artistic methodology to be an obsolete image left over from modernism. Instead, we can read his art as postulating a relational self, whereby our being human is defined by the interaction of materials and thought.’ Ruhöfer, Felix, ‘Dennis Siering. “A Million Years of Permanent Sleep” / “Vertical Memory”—Art as the critical practice of reflecting on humans and nature in the Anthropocene,’ A Million Years of Permanent Sleep, ed. 1822-Forum of Frankfurter Sparkasse, tr. Dr Jeremy Gaines (Frankfurt a. M., 2017), 114.

5) Computer-generated spaces are usually based on mathematical-algorithmic information in the form of the binary code of 0 and 1. For the particular mathematical-algorithmic information, a specific repetition of the numbers 0 and 1 thus proves to be decisive. Even small changes in the order of numbers brings into effect a fundamental deviation of the result. See also: Grau, Oliver, Virtual Art: From Illusion to Immersion (Cambridge/London, 2002), 255f.

6) The current superimposition of new and old concepts of space is accompanied by a corresponding transformation of the subject and its relation to the world. Accordingly, in an early reflection on postmodern and virtual concepts of space, Fredric Jameson stated: ‘So I come finally to my principal point here, that this latest mutation in space—postmodern hyperspace—has finally succeeded in transcending the capacities of the individual human body to locate itself, to organize its immediate surroundings perceptually, and cognitively to map its position in a mappable external world. And I have already suggested that this alarming disjunction point between the body and its built environment … can itself stand as the symbol and analogue of that even sharper dilemma which is the incapacity of our minds … to map the great global multinational and decentred communicational network in which we find ourselves caught as individual subjects.’ Jameson, Fredric, Postmodernism, or, The Cultural Logic of Late Capitalism (Durham, 1991), 83–64.

7) In the year 2000, it was precisely this increasing inscription of humanity into the geological layers of the Earth that prompted researchers Paul J. Crutzen and Eugene F. Stoermer to propose the new geochronological epoch of the Anthropocene, which thus would replace the Holocene. Since then, the term has become a central reference point in scientific and cultural debates concerning the complex causes and consequences of ecological change due to human impacts. Crutzen, Paul J./McNeill, John R./Steffen, Will, ‘The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?’, AMBIO – A Journal of the Human Environment, Vol. 36, No. 8 (Stockholm, December 2007), 614–621.
A Million Years of Permanent Sleep / Vertical Memory
Art as the critical practice of reflecting on humans and nature in the Anthropocene

Wohneinheit 2016
No Maps for These Territories


No Maps For These Territories 2020
In Anbetracht ihrer Beschaffenheit als eine Anordnung komplexer Systeme und deren Tendenz zu spontanen Interaktionen zeigt sich die Erschließung der gegenwärtigen Welt in grundlegender Weise an den kontinuierlichen Gebrauch von physischen und simulatorischen Modellen gebunden. Indem sie die Prinzipien der Realität in einen für den Menschen erschließ und analysierbaren Maßstab übersetzen, eignen sich Modelle hierbei gleichermaßen als künstlerisches wie auch wissenschaftliches Erkenntnisinstrument. Die experimentelle Aktivierung eben dieser Potenziale lässt zugleich auch als ein wesentlicher Ausgangspunkt der Arbeit No Maps for These Territories (2018) des Künstlers Dennis Siering markieren. So findet sich in seinem Werk eine Reihe quadratisch gehaltener und modular angelegter Elemente, die in ihrer Formgebung auf den Abgüßen eines echten Riffgesteins basieren. Doch nicht nur wird ihr scheinbar serieller Charakter bei näherer Betrachtung stetig durch minimale Farb und Materialak zentuierungen gebrochen, sondern im selben Moment nehmen die Module aus dieser Perspektive das rätselhafte Wesen ausschnitthafter Miniaturlandschaften an. Eine kontrastierende Verstärkung erfährt dieser Eindruck des Natürlich Organischen nicht zuletzt durch die technoide Ästhetik der schmalen Aluminimrohre, welche die einzelnen Module in der Logik einer unbekannten Meta Struktur vernetzen. Mag dieses relationale Gefüge einerseits unmittelbar Assoziationen zu den Schaltkreisen von Computern und deren durch Leitdrähte und Chips gesteuerten Interaktionen wecken, so deutet sich darin jedoch im selben Moment die bisher noch ausstehende Realisation eines tatsächlich symbiotischen Systems zwischen Organischem und Anorganischem an. Im Gegensatz zu Modellentwürfen, die sich auf eine reine Interpretation unserer Gegenwart beschränken, rückt Sierings Werk somit also vielmehr modellhaft eine zukünftige Gegenwart in den Mittelpunkt. In Gestalt eines spekulativen Prozesses wird seine Arbeit dabei letztlich als Prototyp ein es neuen Systems der Wirklichkeit lesbar, das zahlreiche zentrale Fragestellungen zur Diskussion stellt. Wie können die beiden Bereiche von Natur und Technik langfristig in den Zustand eines symbiotischen Austausches überführt werden? Inwiefern ließen sich vor diesem Hintergrund produktive Transferpunkte zwischen Materialität und Virtualität denken? Und ist eine zukünftige Realität vorstellbar, in der sich die Konzepte von absolutem und relationalem Raum schließlich zu einer gänzlich neuen Form der Räumlichkeit verschränken?

Stefan Vicedom